Artikel: Seetaler Bote Nr. 11 – Donnerstag, 17.03.2022

HOCHDORF Dem Rettungsdienst Seetal wurde am Montag offiziell das Zertifikat der Fachstelle «Interverband für Rettungswesen» übergeben, die dem Verein seit Ende September vorliegt. «Damit geht es in die richtige Richtung», sagt Geschäftsführer Sebastian Breuer. Offene Baustellen gibt es aber nach wie vor.

von Milena Stadelmann

Der Rettungsdienst Seetal (RDS) stand im letzten Jahr in der Kritik: Fehlende Bewilligungen und eine problematische Personalsituation waren Bestandteil einer Aufsichtsbeschwerde, welche eine Person aus dem Umfeld des RDS verfasste (der SB berichtete). «Inzwischen ist in dem Betrieb wieder etwas Ruhe eingekehrt», sagt Sebastian Breuer, der Günther Becker im August als Geschäftsführer ablöste. Seine Hauptaufgabe nach Stellenantritt war es, die fehlenden Bewilligungen einzuholen. Die IVR-Anerkennung von der Fachstelle «Interverband für Rettungswesen» liegt dem RDS bereits seit dem 30. September vor. Im Kanton Luzern ist diese Voraussetzung für die Betriebsbewilligung.

Am Montag übergab Thomas Brunner als Vertretung des IVR dem RDS offiziell das Zertifikat. Die Anerkennung könne dem Rettungsdienst «bedenkenlos» ausgesprochen werden. Bei der Übergabe anwesend waren neben Breuer auch der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes, Micha Dambach, sowie Nadja Blaser und Hochdorfs Gemeinderat Daniel Rüttimann, die das Präsidium des Vereins innehaben. Die Einholung der IVR-Anerkennung sei eine «Feuerwehraktion» gewesen, sagte Breuer. Die Betriebsbewilligung des Kantons drohte auszulaufen. «Wir standen 20 Tage vor Betriebsschluss.» Dank einem «erheblichen Effort» der Geschäftsleitung sei es gelungen, die Auflagen der IVR rechtzeitig zu erfüllen.

Ebenfalls fehlte dem Rettungsdienst die Bewilligung vom Seco, dem Staatssekretariat für Wirtschaft, um Nacht- und Sonntagsarbeit zu verrichten. Diese wurde dem RDS auf den 1. November ausgestellt. Zuvor fuhr die Blaulichtorganisation während eines Monats mit einer Übergangsbewilligung des Kantons aus. Breuer: «Mit den erhaltenen Bewilligungen ist der Rettungsdienst Seetal nun gesetzeskonform unterwegs.» Damit gehe es in die richtige Richtung. Aber: Nach wie vor gebe es viele Pendenzen aus der Vergangenheit. Es fehle im operativen Bereich immer noch an diversen Grundstrukturen. «Wir fangen quasi von vorne an», sagt Breuer. Das berge für ihn aber auch die Chance, den Betrieb nach seinen Vorstellungen neu aufzubauen.

Rettungsdienst unterbesetzt

Nach wie vor angespannt bleibt die personelle Situation in dem Betrieb. Immerhin: Gemäss Breuer ist es im Team des RDS ruhiger geworden und es kehre Stabilität ein. Eine überdurchschnittliche Personalfluktuation gebe es nicht mehr. Doch: «Uns fehlen immer noch rund 600 Stellenprozent.» Auf der Website des Rettungsdiensts sind zurzeit Ausbildungsplätze zum Rettungssanitäter sowie Jobs als Transport- oder Rettungssanitäter und Berufsbildner ausgeschrieben. Zurzeit kümmert sich Breuers Stellvertreter Alexander Sommer um die Berufsbildung. In Zukunft sollen ein oder zwei Personen ausschliesslich für die Betreuung der Auszubildenden verantwortlich sein. Breuer sieht bei der Personalsuche eine positive Entwicklung: In den nächsten Monaten treten zwei neue Mitarbeitende ihre Stelle an. «Das zeigt, dass die Leute nach dem Richtungswechsel des Betriebs bereit sind, für uns zu arbeiten.» Allerdings erschwere ein Fachkräftemangel die Suche nach neuem Personal. Die Corona-Pandemie habe die Situation nochmals verschärft. Zurzeit sind beim RDS 16 Vollzeitstellen inklusive Administration und Studierende besetzt.

Medizinische Versorgung gewährleistet

Breuer ist es wichtig zu betonen: «Die Sicherheit der Bevölkerung ist durch die Unterbesetzung nicht in Gefahr.» Dem Rettungsdienst stehen zur Unterstützung 22 Transport- und Rettungssanitäterinnen und -sanitäter als Freelancerinnen und Freelancer zur Verfügung, die flexibel eingesetzt werden können. Durch die 24-Stunden-Schichten, die beim RDS in der Vergangenheit Realität waren, habe es viele Abgänge gegeben. «Mit der Umstellung auf 12-Stunden-Schichten konnten wir wieder neue Mitarbeitende gewinnen.»

Kann eine Schicht beim RDS nur von einem anstatt von zwei Rettungssanitätern oder einem Rettungs- und Transportsanitäter abgedeckt werden, übernehmen die Mitarbeitenden einen Überbrückungsdienst als sogenannte «Rapid Responser». Bedeutet: Der Rettungssanitäter oder die -sanitäterin fährt mit dem Auto zur Notfallstelle, leitet die medizinische Versorgung ein und überbrückt, bis eine Ambulanz für den Transport eintrifft. Kann der RDS nicht selbst ausrücken, wird er von den umliegenden Rettungsdiensten aus der Region, beispielsweise aus Sursee, Muri oder Luzern unterstützt. Genauso unterstützt der RDS die umliegenden Regionen. Etwa 50 Prozent der Einsätze hat die Blaulichtorganisation ausserhalb des Seetals.

Insgesamt rückte der Rettungsdienst Seetal im vergangenen Jahr zu 1930 primären Einsätzen aus, die grösstenteils aus Notfällen bestanden. Bei 279 Einsätzen ging es um sekundäre Einsätze, wie Verlegungen. Das waren gesamthaft 22 Einsätze mehr als im Jahr 2020. Bei Notfällen erreichte der RDS in rund 88 Prozent der Fälle innerhalb von 15 Minuten die Unfallstelle. Ein Jahr zuvor waren es rund 85 Prozent. Gemäss dem IVR sollte die Quote bei rund 90 Prozent liegen.

Verpflichtungen ernst nehmen

Alles in allem geht es beim RDS vorwärts: «Mit den personellen Wechseln im Vorstand und in der Geschäftsleitung ist es in der Zwischenzeit gelungen, den Verein zu stabilisieren, notwendige Optimierungen umzusetzen und in die Wege zu leiten», sagt Rüttimann. «Wir sind aber noch nicht dort, wo wir hinwollen.» Die Organisationsstruktur des Vereins soll anlässlich der GV 2023 angepasst werden – möglicherweise durch eine Umwandlung in eine AG. Der Vorstand des RDS stelle wiederholt fest, dass die Bevölkerung und die Gemeinden einen starken Rettungsdienst im Seetal wollen. «Diese Verbundenheit und Verpflichtung nehmen wir sehr ernst.» Breuer stimmt dem zu. Sein Ziel: «Ein moderner und zeitgemässer Rettungsdienst für das Seetal.»